Lange habe
ich hier schon wieder nichts von mir hören lassen…
Heute Morgen
habe ich meinen Zwischenbericht für das Zwischenseminar in 3 Wochen in
Deutschland (noch vor dem Frühstück!) fertig geschrieben. Nach einem spontanen Putzanfall
strahlt mein ganzes Zimmer, meine Mitbewohner sind ausgeflogen, ich habe es mir
an meinem Fenster gemütlich gemacht und freu mich auf einen ruhigen Nachmittag
mal ganz für mich allein :) und den möchte ich erst mal nutzen euch mal wieder
ein bisschen was von meiner Arbeit zu erzählen.
Seit ich in
Pawlowsk arbeite, denke ich auch in meiner Freizeit viel mehr über meine Arbeit
nach. Vielleicht weil ich mich in Pawlowsk irgendwie verantwortlicher für meine
Arbeit und die Kinder fühle. Das klingt vielleicht anstrengend, aber es fühlt
sich einfach richtig gut an!
Zu Anfang
hat es mich vielleicht doch noch etwas verunsichert, zu wissen, dass jetzt
nicht mehr immer unbedingt einer „hinter mir her läuft“ und alle kleinere
Fehlerchen ausbügelt, die mir in meiner Arbeit vielleicht unterlaufen könnten,
aber dafür werde ich auch mit den Gefühl belohnt, jeden Tag ein bisschen zu
wachsen.
Ich werde
oft gefragt, ob mir die Arbeit in Pawlowsk besser gefällt, aber das kann ich so
nicht sagen. Man kann die Stellen einfach nicht miteinander vergleichen. Es ist
nicht besser, sondern einfach nur ganz anders und ich genieße im Moment den
frischen Wind in meinem Leben, den ganzen Trubel und die Lebhaftigkeit auf den
Gängen, in den Zimmern und beim Mittagessen und Pawlowsk kommt mir wunderbar
groß und weit vor. Außerdem freue ich mich, dass ich jetzt endlich jeden Tag
viel mehr Russisch sprechen MUSS und dabei meine Fortschritte sehe.
Der größte
Unterschied zu meiner alten Arbeit sind aber die Kinder selbst.
Die Kinder in
Pawlowsk haben so ganz andere Dinge
erlebt, sind ein so ganz anderes Leben gewohnt, und das merke ich natürlich
auch im Umgang mit ihnen, ohne dass ich es so richtig in Worte fassen könnte.
Irgendwie sind die Kinder im Zentrum im Allgemeinen etwas aufgedrehter, frecher.
Die Kinder in Pawlowsk anhänglicher und haben mich schon nach kurzer Zeit viel
öfter gedrückt, obwohl sie mich da doch noch so gar nicht richtig kannten.
Außerdem
sind für die Kinder in Pawlowsk schon viel kleinere Dinge etwas Besonderes. Zum
Beispiel ist es für Sascha schon eine interessante Abwechslung, wenn ich ihn
einmal anders hinlege oder -setze, oder ihn aus seinem Bett nehme, mit ihm
zusammen eine Weile sitze, einfach ein bisschen rede, seine Arme leicht bewege und
er seinen Körper spürt.
Es macht richtig
glücklich zu sehen, wie die Kinder sich über solche Kleinigkeiten freuen können,
auch wenn es vielleicht auch etwas traurig sein sollte, aber in dem Moment, in
dem man da ist und sich mit dem Kind beschäftigt, denkt man darüber gar nicht
nach.
Und es
passieren jeden Tag auch so lustige Dinge.
Letzte Woche
war ich gerade dabei Sonja mit ein bisschen geriebenen Apfel (der tägl.
Vormittagssnack) zu füttern, als plötzlich eine unverkennbare
Weihrauchduftwolke in Zimmer fegte, die einen Mann in schwarzer Robe einhüllte,
wie ich erkannte, als ich aufsah. Er ging von Kind zu Kind, fragt seine
Begleiterin nach dem jeweiligen Namen, nannte diesen und schob dem Kind dann
ein Löffelchen Wein in den Mund. Allen Kindern außer Sonja, die sich nämlich
nur die Hände auf die Augen legte und vorgab nicht da zu sein. Genauso schnell
wie er gekommen war, verschwand der Mann mitsamt Gefolge und ich fütterte, noch
etwas verdattert, weiter.
Oder wusstet
ihr, dass es musikalische Töpfe gibt? Ich jedenfalls nicht, bis Seroschas Topf
anfing „The Lambada„ zu spielen und mich auf der
langen Suche nach der mysteriösen Quelle der Musik schon dazu brachte, mir zuerst
jegliches Spielzeug bis hin zu einem pinken Quitschehäschen an die Ohren zu
halten und dann entweder an Spuk oder daran zu glauben, dass ich einen ganz
besonderen Tinitus hätte. . .
Die schönste
Zeit des Tages ist aber immer, wenn meine eigentliche Arbeit für den Tag getan
ist, alle Kinder nach dem Mittagessen sauber und mit geputzten Zähnen zur
Mittagsruhe in ihren Betten liegen und ich nochmal eine Runde durch den Raum
mache, um mich von allen Kindern zu verabschieden. Hier ein Kitzeln, ein
Nasestupsen oder nochmal für ein paar Minuten auf den Arm nehmen und zum
Abschluss von Seroscha ganz fest knuddeln lassen.
Gibt es
sonst noch was? Ich meine, wenn dieser Eintrag schon wieder ins Unendliche ausartet,
kommt es auf ein paar Sätze mehr oder weniger auch nicht mehr an, oder?
Dann kann
ich ja auch noch ganz stolz berichten, dass ich jetzt auf einer nicht
elektrischen (mit Trittbrett und so) Nähmaschine nähen – nun ja, „kann“ ist vllt
übertrieben – lerne, weil wir Schuhsäcke für die Betten der Kinder nähen und
dass meine Geige endlich ihre volle Daseinsberechtigung in Russland hat, weil
wir jeden zweiten Freitag jetzt für die Kinder ein «Музыкалная Комната» (Musikzimmer) machen und
eine Stunde zusammen spielen und singen.
So, jetzt
aber Schluss für heute!
Liebste
Grüße,
Fini