Oje, da habe ich jetzt wirklich schon einige Wochen
unterschlagen und auch wenn es mir schon so vorkommt, dass das alles schon
wieder Schnee vom letzten Jahr ist (haha, das ist es ja wirklich. . .), will ich
trotzdem noch das Loch in meiner Berichtskette stopfen, weil es wenn ich
nochmal so darüber nachdenke doch recht wichtige Erfahrungen in meinem
Freiwilligendienst für mich waren.
Anfangen sollte ich vielleicht beim Weihnachtsfest, das
erste Weihnachten das ich nicht in unserem deutschen Wohnzimmer, sondern in
einer russischen Küche feierte, in einem Land, in dem der 24. Dezember ein ganz
normaler Arbeitstag wie jeder andere ist.
Auf der einen Seite hatte ich meistens das Gefühl
Weihnachten würde dieses Jahr einfach ausfallen. Weil aber auch für alle
anderen um mich herum nicht der erste,
zweite, dritte, vierte Advent und schließlich Heiliger Abend war, störte es
mich auch gar nicht so wirklich, wovon ich selbst völlig überrascht war. Ich
liebe eigentlich die Weihnachtszeit, gemütliche Nachmittage, Orangen &
Zimt, Familienfeste & die Suche nach Ruhe.
Auf der anderen Seite habe ich hier in Russland, wo das zum
ersten Mal nicht so selbstverständlich zum „Alle-Jahre-wieder-Trott“ gehörte,
viel mehr über Weihnachten und wie ICH es feiern will nachgedacht. Eigentlich
sollte Weihnachten ja nicht an einem Baum und anderen Äußerlichkeiten hängen,
sondern im Herzen sein. . .
Naja, aber das ist gar nicht so leicht.
Damit Weihnachten für uns hier nicht ein Tag wie jeder
andere werden sollte, zogen Sophie und ich mit unseren Schlafsäcken schon am
23. zu Bettina in die Wohnung (achja, wegen dem Wasserrohrbruch hatte Bettina
vorrübergehend noch eine Ausweichwohnung von Perspektivy bekommen).
Am Nachmittag wurden die Weihnachtseinkäufe erledigt,
fleißig Kuchen für die Arbeit am nächsten Tag gebacken und jede Menge
Schokolade gegessen/gelöffelt.
Der 24. begann dann mit einem gemeinsamen aber eher
verschlafenen Weihnachtsfrühstück (die Nacht war doch furchtbar unbequem), wir
verabschiedeten uns von Sophie, für die es mit dem Flieger abends noch nach
Deutschland ging, und dann gingen Bettina und ich zur Arbeit, wie alle Russen. . .
Im Spielzimmer hörten wir den ganzen Tag deutsche
Weihnachtslieder. Wir waren noch besser drauf als sonst, aber Weihnachtsgefühl?
Fehlanzeige!
Von der Arbeit aus machten wir uns direkt auf den Weg zur
Kirche und blieben natürlich ausgerecht an diesem Abend im größten
Feierabendstau stecken, malten an die beschlagene Scheibe unseres Busses einen
Weihnachtsbaum und kamen 20 Minuten zu spät. . .aber in der Kirche war es ehe alles
andere als ruhig, überfüllt wie in Deutschland, Leute, die raus und rein
liefen, Leute, die plötzlich unbedingt der Frau ganz in der Mitte zwei Reihen
weiter vorne etwas sagen und sich durchdrängeln mussten, Leute, deren
Pelzmantel plötzlich ein bisschen Feuer fing, Leute, die ihren Kindern einen
Film auf dem Laptop anmachten oder die mit ihren Handys jede Bewegung des
Pfarrers bildlich festhalten mussten. . .
Aber das Krippenspiel war ganz süß, der Pfarrer stimmte gut
gelaunt vertraute Weihnachtslieder an, lief mit seinem Gesangsbuch durch die
Kirche, um Buchlose zum Mitsingen zu animieren und dann, als ich die Hoffnung schon
fast aufgegeben hatte, ein kurzer Moment von „Weihnachtsgefühl“ und
„Zuhausesein“, als die Lichter ausgingen, die Kirche nur noch im Licht
hunderter kleiner tanzendender kerzenflammen strahlte und „Stille Nacht“
erklang. Zum Glück folgte darauf noch „Oh, du fröhliche". . . :D
Nach der Kirche das übliche hektische Gedränge auf dem
Newskii und in der Metro, aber unsere Küche war eine kleine Weihnachtsinsel.
Ein leckeres Abendessen und eine kleine Bescherung auf dem Küchenfußboden.
Danke, Bettina!
Bäumchen, mein Wichtelgeschenk, das ich auf der
Freiwilligenweihnachtsfeier gezogen habe und der wohl schönste Weihnachtsbaum
meines Lebens, einfach deshalb, weil ich mich noch nie so sehr über einen bewusst gefreut habe. . .
Den ersten Weihnachtsfeiertag hatte ich mir freigenommen, um
mein schönstes Weihnachtsgeschenk vom Flughafen abzuholen – meine Josy!
Es wurden zehn wunderschöne gemeinsame Tage. Ich konnte
endlich jemandem von meinen Lieben mein Leben hier (sogar noch meine Arbeit im
Tageszentrum) zeigen und Josy erzählte soviel von Zuhause und meinen lieben
Daheimgebliebenen, dass es auch für mich so etwas wie ein kleiner „Deutschlandurlaub“
und ich war jedes Mal fast ein wenig überrascht St. Petersburg und nicht Bernau
vor der Haustür zu finden…
Hauptsächlich machten wir „Urlaub“, also bis spät in die
Nacht quatschen und laaaange Ausschlafen, aber ein bisschen Piter haben wir
doch erkundet, und wenn Bettina, Marcel (ihr Besuch) und ganz wichtig ihre
Kamera dabei waren, dann sind sogar mal ein paar Bilder entstanden.
und natürlich haben auch alle einen Namen ;) das sind Eva & Oskar |
Kuscheltiere zu fotografieren ist anscheinend so langsam bei uns zu einer echt beliebten Sportart oder ansteckenen Krankheit geworden |
Keine Angst, das mit dem Keks müsst ihr nicht verstehen. . . |
Bruno und Josy, ich bin echt stolz auf dein Strickwerk! ;) |
Die Auferstehungskirche von innen |
Zahnputzbild! :D |
Silvester feierten wir mit den anderen in Russland
gebliebenen Freiwilligen und einem Bewohner aus dem Erwachseneninternat
Peterhof im Tageszentrum (in dem Sophie sonst arbeitet)
Es wurde jede Menge Reis und estnischer Nachtisch gegessen, getanzt und "Stadt, Land, Tod" gespielt.
Das Anstoßen um Mitternacht verpassten wir beinahe, weil der
Radiosender scheinbar völlig gleichgültig das nächste Lied spielte, ohne mit
auch nur mit einem Piep zu verraten, dass ein neues Jahr begonnen hatte. Aber
glücklicherweise fand sich ja noch eine Uhr, auf der es noch nicht ganz
Mitternacht war und nach der wir dann Ruterzählen konnten. . . :D
Weil hier in Russland anscheinend nicht Punkt 12 geknallt,
sondern das Jahr erst noch in den Wohnungen mit der ganzen Familie begrüßt
wird, wuschen wir als erstes auch gleich mal ab und beseitigten das schlimmste
Chaos, bevor wir mit den Menschenmassen zur Ermitage strömten.
Wiener Walzer oder so. . . |
Bettina, live und in Farbe :) |
Josy! |
Auf dem Nachhauseweg stießen Josy und ich dann noch um drei
an der Newa zum deutschen Neujahr auf euch an – mit blauen und roten
Plastikbechern und Mineralwasser, dass wir für den Fall dabei hatten, dass wir
es nicht rechtzeitig nach Hause schafften… ;)
Am 04. Januar feierten wir ein bisschen meinen Geburtstag,
ganz gemütlich mit Bliniefrühstück, einer kleinen Spielerunde und
superleckerem!!! Schokokuchen.
Am nächsten Tag sozusagen dann „fliegender Wechsel“ von Josy
und Sophie, die pünktlich zum russischen (orthodoxen) Weihnachten am 06. Januar
wieder zurückkam.
Wie Weihnachten nun so richtige in Russland gefeiert wird,
kann ich aber leider immer noch nicht so richtig sagen. Wir wollten eigentlich
uns einen orthodoxen Gottesdienst anschauen und fuhren gegen Neun zur am Newskii. Gottesdienstzeiten hatten wir
leider im Internet nicht rausfinden können und deshalb stellten wir erst in der
Kirche fest, dass die eigentliche Feier erst um Elf beginnen würde. So lange
wollten und konnten wir wegen der letzten Metro auch gar nicht bleiben, schade…
Wir erfanden das russische Weihnachten für uns einfach ganz
neu und machten einfach nochmal eine „deutsche Bescherung“.
Die Geschenke gibt es in Russland nämlich eigentlich zum
Neujahrsfest („Новый год „), das man hier tagelang mit der Familie feiert. Da
das christliche Weihnachten in Russland lange Zeit verboten war, wurden Bräuche
wie Weihnachtsschmuck und -baum einfach auf das Neujahrsfest verschoben und
dabei eine – wirklich auch nur ganz winzige und kaum bemerkbare – Spur bunter,
lauter und schriller gemacht ;)
Hey Schlümpfe ho! |
und nochmal für die Kamera |
Sophie im 7. Schlumpfenhimmel |
Und am 07. Januar ging es dann mit dem Feiern in der
„Langweiler-WG“ gleich weiter:
Bettinas Geburtstag und ich feierte meinen mit ihr zusammen
und den anderen freiwilligen gleich nochmal nach und wie wir beide nun mal so
sind mit einer Kakaoparty… :)
kalt - ganz kalt - warm - wärmer - heiß! |
Fingerstempel - Bastelstunde |
Wow, du hast dir wirklich die Mühe gemacht und das alles
gelesen?! Danke :)
Bitte! Es war auch interessant es noch mal zu lesen, was du so getrieben hast, manches war auch neu.
AntwortenLöschenDie Bilder sind schön :)