Freitag, 14. Dezember 2012

Hello from Pavel!


Heute vor einer Woche hatten Bettina und ich es nach der Arbeit ein bisschen eiliger, nach Hause zu kommen. Dort angekommen wurde nochmal schnell unter die Dusche gesprungen und dann ging es auch schon wieder mit Ruck- und Schlafsack los. Wohin? Nach Moskau! 
Oder erst einmal zum Bahnhof. In der Metro wurde ein jung er Mann auf uns aufmerksam. Na gut, das alleine ist ja nichts Besonderes. Ich meine, wer guckt nicht bei drei gackernden Deutschen mit Weihnachtsmannmütze und beladen mit Schlafsäcken und Kissen? Skeptische oder belustigte Blicke sind wir schon gewohnt, wenn wir zu dritt unterwegs sind, aber angesprochen werden wir nicht jedes Mal und genau das tat der Mann: „ Sorry, but it’s Friday and I’m not very clean.“ Er deutete auf seine Bierdose. . .
So ging das Gespräch, das leider nur zwei Metrostationen dauerte, dann weiter.
Wir erklärten, was wir hier machten und er belehrte uns, dass es von Anfang September bis Ende August niemals ein Jahr sei, sondern gerade mal 10 Monate (weiter reichten seine Finger wahrscheinlich nicht), also ein HALBES Jahr sei. Auch wenn wir uns in diesem Punkt nicht einigen konnten, gaben wir ihm das Versprechen, Moskau von ihm zu grüßen, was wir dann auch am nächsten Tag auf dem Roten Platz perfekt synchron taten: „Hello from Pavel!“

Aber halt, so weit war ich ja noch gar nicht. Zunächst einmal trafen wir uns mit den anderen (wir waren 13 russische und deutsche Freiwillige) am Bahnhof und eine Stunde später rollte unser Nachtzug dann wirklich von St. Petersburg ab, auf in ein wundervolles Wochenende mit tollen Leuten
Die Fahrt im Nachtzug ging viel zu schnell vorbei, auch wenn ich so gut wie gar nicht schlief.
Aber das leise Rattern und sanfte Ruckeln des Zuges, leises Schnarchen und Tuscheln, mein – abgesehen davon, dass es furchtbar schmal und kurz war und mir alle Leute leid taten, die einen Kopf größer waren als ich – doch ganz gemütliches Bett und die russische Schneelandschaft, die am Fenster vorbeijagte; das alles war irgendwie so wunderbar neu und aufregend. Auch die Kekse (wie das Reisen so an sich haben) schmeckten mindestens doppelt so gut wie sonst, gewürzt mit ein bisschen Abenteuerlust, Fernweh und Kitschfilmromantik :P

In Moskau (gegen sechs) angekommen bezogen wir zuerst unser Quartier, ein Klassenzimmer in einer Waldorfschule, und krochen alle nochmal in unsere Schlafsäcke. Um halb 11 fühlten wir uns dann wieder fit genug, um uns ins Moskauer Stadtleben zu stürzen.
Moskau ist doch ein bisschen anders als St. Petersburg:
Schon einmal angefangen bei der Metro. In St. Petersburg ist jede Station wie ein kleiner unterirdischer Palast. Die Metrostationen in Moskau sind weniger glanzvoll, aber dafür noch größer.
Das Metronetz von St. Petersburg ist ganz klar und übersichtlich, der Metroplan von Moskau sieht dagegen aus wie ein großer bunter Flickenteppich und das gilt auch an der Oberfläche.
Jetzt wo ich Moskau mit seinen krummen, verwinkelteren Straßen und Wegen und den grauen Hochhausblöcken zwischen den bunteren alten Häusern  gesehen habe, fällt mir erst so richtig auf, das St. Petersburg wirklich eine geplante Stadt ist mit seinen geraden, gleichmäßigen Fassaden, wo ein Haus ordentlich neben dem anderen steht.
Ich finde: Piter ist schöner, Moskau überraschender!

Wo genau wir überall waren, kann ich gar nicht sagen. Auf dem Roten Platz… aber bei der großen bunten Kirche hört‘s auch schon auf. Keine Ahnung wie die hieß, aber eins weiß ich: wir hatten eine Menge SPASS!
Davon könnt ihr euch gerne selbst überzeugen:







Traktorwettrennen

Mülltrennung?
Seid ihr sicher, dass wir noch in Russland sind?!



Kasimir von Blauto & Karo Karowa










Dieses Autobild haben Bettina und Sophie
für mich gemacht. Ich hab mich gar nicht
getraut hinzugucken. Aber es ist alles glatt
 gelaufen und ich musste
NICHT in die kalte Moskwa springen.




Bei DER Rutsche waren wir
natürlich nicht mehr zu halten ;)
Na, was ist das?
Richtig, ein Weihnachtsbaum!
Oder so etwas in der Art. . .

Juchuu! Mal wieder ein Spiegelbild!!!

Ein Zahnputzbild darf natürlich auch nicht fehlen



Und das Beste zum Schluss:
Wir wurden auf dem Roten Platz von zwei Studentinnen gefragt, ob wir für sie einmal kurz tanzen könnten – na klar! Das ist am Ende dann dabei herausgekommen:

Sonntagabend ging es dann wieder mit dem Nachtzug zurück. Pünktlich früh um 07:00 kamen wir am nächsten Morgen dann wieder in St. Petersburg an, also genau rechtzeitig, um zur Arbeit zu gehen :D

Dienstag, 4. Dezember 2012

Aus dem Soundtrack zu meinem Leben

"Mariage d' Amour" von Chopin - dieses Lied läuft zur Zeit im Spielzimmer rauf und runter.
Valia meinte, dieses Lied sagt immer: "Alles wird gut. Ist doch alles gar nicht so schlimm." und ich finde sie hat recht. Es IST ja auch alles gut. Sehr gut sogar. Ich sitze mit Maxim auf dem Teppich im Spielzimmer und wir albern ein bisschen herum. Er macht ein Geräusch, schnalzt mit der Zunge und ich ahme es nach. Er lacht und macht ein Neues. Er fasst mir ins Gesicht und ich stupse gegen seine Nase. Er lacht und seine schokobraunen Augen leuchten richtig. Ich puste ihm ins Gesicht. Er klatscht. Ich antworte. Wir klatschen abwechselnd. Immer schneller. Ich kitzel ihn bis wir lachend umfallen. . .

Sonntag, 2. Dezember 2012

Wir sagen euch an den lieben Advent...


Dieses Jahr werde ich die Weihnachtszeit wohl von einer ganz neuen Seite entdecken. . .
Unser Adventskranz
die Kerzen kommen noch!
1300 km von Zuhause noch dazu in einem Land, in dem Weihnachten so ganz anders (z.B. knapp 2 Wochen später) gefeiert wird, wird mir zum ersten Mal so richtig bewusst, an wie viele schöne Traditionen ich mich schon gewöhnt hatte.
17x hieß es für mich „alle Jahre wieder“ - und jetzt?
Dieses Jahr wird Weihnachten wohl ein bisschen anders. . .
Zum Beispiel werde ich wahrscheinlich am 24. und 26. wie alle Russen arbeiten gehen (am 25. habe ich frei, um mein schönstes Weihnachtsgeschenk vom Flughafen abzuholen) und einen echten Weihnachtbaum wird es auch nicht geben, geschweige denn ein Weihnachtszimmer, dass den ganzen Tag hinter einer verschlossenen Tür auf seinen großen Moment am Heiligen Abend wartet.
Aber wirklich traurig bin ich deshalb nicht.
Alles ist zwar ein bisschen improvisiert, aber dafür erlebe ich es irgendwie viel intensiver. Vielleicht weil es weniger „selbstverständlich“ ist. Ich mache nichts, weil es „eben dazugehört“, sondern weil ich ganz bewusst entschieden habe, dass ich das so auch hier in Russland machen möchte.
Ich freue mich auf Weihnachten – das ist wie jedes Jahr! Und diesmal genau genommen sogar auf ein Weihnachten im Doppelpack ;)
Jetzt endlich zu meiner Überschrift:
Ohne dieses Lied wollte ich meine Adventszeit auch nicht einläuten. Deshalb sind Bettina und Ich heute wieder zum deutsch-evangelischen Gottesdienst in die Petrikirche gegangen. Nach einem kurzen Schreckensmoment, weil das Lied nicht auf der Liedtafel angeschlagen war, war es doch wie erhofft das erste Lied, das beim Anzünden der ersten Kerze am Adventskranz gesungen wurde.
Aber auch sonst hat sich der Besuch in der Kirche auf jeden Fall gelohnt:
Zum einen weil ich schon immer Mal sehen wollte, wie in einer evangelischen kirche abendmahl gefeiert wird  und zum anderen wegen dem Pfarrer. Das ist schon ein lustiger Kerl, nicht nur, dass er uns beim Auszug wie ein Honigkuchenpferd grinsend und mit nach oben gestreckten Daumen einen fröhlichen ersten Advent wünschte. . .
Als er uns am Ausgang mit einem „Tschüß! Einen schönen Advent euch beiden!“ verabschiedete und ich mit „ Tschüß! Danke, ebenso.“ Antwortete, fragte er erstaunt „Ihr seid Deutsche?“ und nachdem wir erzählt hatten, wo wir herkamen und was wir hier in Russland suchten, wollte er uns nicht so schnell gehen lassen.
Also blieben wir zum Tee trinken und redeten noch ein bisschen (oder noch ein bisschen mehr. . .) über die Gemeinde, unsere Arbeit, russische Geschichte und das Sozialwesen und er ließ es sich auch nicht nehmen, uns noch in die Katakomben zu führen, und uns die Spuren zu zeigen, die noch verraten, dass die Kirche einmal zweckentfremdet und als Schwimmbad genutzt worden war.
Eine Stunde später verließen traten wir dann wieder vor die Türen, wo uns herrlich klare Luft und die Sonne empfing. Also beschlossen wir spontan nach Hause zu laufen. Wir stöberten noch ein bisschen in unserem Lieblingsladen und wurden beide fündig, womit mein Vorsatz, an einem Sonntag keinen Laden zu betreten,  dann wohl gebrochen wäre. . . aber mein neuer blauer Freund ist einfach zu süß!
Und dann ging es an der Eremitage vorbei und die Newa (wo sonst?) entlang nach Hause.
Eine wunderschöne Schneewanderung, auch wenn uns am Ende doch der Magen auf den Knien hing und unsere Füße durch Eisklumpen ersetzt worden waren. 

Dieses Foto ist für alle, 
die schon so lange
auf Horrorgeschichten vom 
bitteren russischen Winter 
warten und die ich bisher
immer enttäuschen musste :D
























Spurenlesen:
da ist wohl aus
einem Vogel eine Betina
geworden, oder so. . .

















Leise rieselt der Schnee, still und starr ruht. . .
die Newa!
Umso besser schmeckte danach aber der herrlich heiße Grießbrei (mit Banane und einfach himmlischer Himbeermarmelade) und unsere Münder strahlten mit unseren roten Nasen um die Wette!
Der Adventskranz und die Weihnachtsmusik machte die Adventsstimmung perfekt.
So, jetzt geht’s aber endlich ans Geschenkebasteln!

Adventskaffee


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Welche Überraschungen manchmal in einem Schrank (oder einer Wand) schlummern…

Die letzten zwei Arbeitswochen waren einfach wunderschön!
Wenn ich so über meine Arbeit nachdenke, dann merke ich, wie sehr sie mir in den vergangenen Wochen ans Herz gewachsen ist. Jetzt noch einfach so aufzuhören ist undenkbar!
Sicher, ab und zu gibt es mal einen Tag an dem ich ziemlich müde bin und mein Kopf sich am Abend anfühlt, als ob er gleich platzen würde, aber diese Tage werden immer seltener. Inzwischen geht mir die Arbeit viel schneller und leichte von der Hand und ich merke, dass mich die langen Arbeitstage bei Weitem nicht mehr so schaffen.
Und wenn ich „meine“ Kinder sehe, dann fällt mir nun zu jedem kleinen Gesicht eine gemeinsame Geschichte ein. Daran, dass sie alle irgendeine Behinderung haben, denke ich dagegen gar nicht mehr und ich habe keine Angst mehr, mit ihnen auch zu toben. Wenn sie lachen, weinen, mir einen süßen nassen Kuss auf die Wange drücken, wütend sind, spielen oder vor dem Spiegel Grimassen schneiden, sind sie einfach „nur“ Kinder.
Letzten Dienstag haben wir alle zusammen einen Ausflug gemacht. Schon auf der Fahrt in dem kleinen Sonderbus wurden die Augen vor Staunen ganz groß und noch ein bisschen größer als wir im Museum ankamen. In nur einem Ausstellungsraum spazierten wir zwischen einem Dutzend alter Schränke und Kommoden entdeckten wir eine ganze fantasie-, farben- und liebevolle Welt.
Auf Morgen bin ich auch schon gespannt! Bettina und ich haben uns nämlich gemeinsam einen Adventskalender für die Kinder ausgedacht. Allerdings haben wir die Form ein bisschen abgewandelt. Weil man in Russland ja eigentlich Adventskalender gar nicht kennt und die Kinder auch nicht viel damit anfangen könnten, wenn sie plötzlich jeden Tag ein Türchen öffnen könnten und etwas wegnehmen dürften, haben wir uns folgendes überlegt:
Wir haben einen großen Tannenbaum aus Papier gebastelt und an die Wand im Spielzimmer geklebt. Bis zu den Weihnachtsferien werden wir nun beim Morgenkreis eine Christbaumkugel, einen Stern oder Engel mehr an den Baum kleben und so wird es jeden Tag ein bisschen mehr Weihnachten bei uns.
Beschreiben kann man das eigentlich schlecht. Ich werde bei Gelegenheit einfach mal unsere Kunsttherapeutin nach den Fotos vom Ausflug fragen, dann könnt ihrs selbst sehen.
Sonst ist eigentlich alles wie immer.

Ach ja, nach so kleinen Kataströphchen wie 2 kaputten Trinkgläsern (wenn man nur 4 Gläser hatte, ist das durchaus ein mittelschweres Luxusproblem) und einer kaputten Klohspülung haben wir uns endlich mal wieder etwas Größeres (von dem wir auch noch lange etwas haben werden) gegönnt:
einen Wasserschaden im Flur und Bettinas Zimmer…
Ok, ganz so lustig ist das leider nicht, aber Ärgern macht die Wand auch nicht trockener und von einem Lachen hat man wenigstens noch etwas :D