Samstag, 8. September 2012

Mein erstes Aha-Erlebnis

Gut, dass ich gestern keinen Blogeintrag gemacht habe, denn nach dem gestrigen Tag war ich unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass die Russen noch unfreundlicher sind, als es den Deutschen immer nachgesagt wird. Wir waren auf dem Weg in die Stadt zu einem ersten Infotreffen mit Perspektiven e.V. (der Verein betreut die verschiedenen Projekte in St.Petersburg, in denen wir arbeiten). Bis zur gesuchten Straße schlugen wir uns ganz gut. 3 Minuten Rolltreppe runterfahren (haben wir wirklich gestoppt!), dann weiter mit der Metro (sogar richtig umgestiegen!), noch 2,5 Minuten Rolltreppe wieder hochfahren und dann standen wir auch schon auf der Straße, in der sich
Jey, eine Rolltreppe!
das Büro befand - so weit, so gut. Aber wie bitteschön sollten wir jetzt die Hausnummer 36/40 finden?! Was die ZWEI Nummern sollen, haben wir wohlgemerkt immer  noch nicht so ganz verstanden. Egal. Hoch motiviert liefen wir los...ersteinmal in die falsche Richtung :D Bis wir das bemerkten, hatten wir auch aber auch schon ein ganz schönes Stück zurückgelegt, denn die Hausnummern an den Häusern zu finden, ist teilweise gar nicht so einfach. Also wieder zurück und in die andere Richtung, aber auch dort irrten wir nur immer wieder die Straße hoch und runter. Wollten wir am Rand des Bürgersteiges kurz stehen bleiben, um nochmal ganz in Ruhe an die Suche nach der mysteriösen Hausnummer heranzugehen, wurden wir gleich von den hetzenden und meistens telefonierenden Leuten umgerannt. Ok, alleine kamen wir nicht weiter...also einfach jemanden um Hilfe bitten - Ha ha ha... als Antwort bekamen wir bestenfalls ein "Neee". Schön, dass es noch so nette Menschen auf der Welt gibt. Wir waren sauer! Unser Puffer von einer Stunde, den wir für einen solchen Fall eingeplant hatten, schrumpfte munter vor sich hin. Mehr durch einen glücklichen Zufall und weil wir schon so fertig waren, dass wir jede noch so abwägig scheinende Möglicheit versuchten, fanden wir dann schließlich doch noch das Büro. Es war in so einer Art Kaufhaus. Da soll mal einer drauf kommen!

Sophie, weil du immer die ganzen Bilder machst,
 hab ich gar keins von dir!
Am nächsten Tag wurden wir aber gleich mehrmals von der Hilfsbereitschaft der Leute hier überrascht. Wir waren zu IKEA gefahren, um noch ein paar Dinge für die Wohnung zu besorgen. Die Leute in der Schlange zeigten mir, als sie meinen orientierungslosen Blick sahen, sofort wo ich die Sackkarre wieder abstellen konnte und die Verkäuferin lachte nur freundlich trotz des Chaos, was wir nicht nur mit unserem Mount Everest an Einkäufen veranstalteten. Als wir unsere Sachen ein Stück weiter weg von den Kassen nochmal umschichteten, kam eine Frau auf uns zu und begann in einem für uns ziemlich energischen und hartem Tonfall auf uns einzueden. Wir schauten nur verdutzt und sie redete weiter und wiederholte anscheinend alles noch einmal, bis ich endlich ein "Извините, я не понимаю" (Entschuldigung, ich verstehe nicht) hevorbrachte (ich war übrigens ganz stolz auf meinen ersten richtigen Satz, den ich in Russland mit einem echten Russen gewechselt habe!). Also versuchte die Frau es ein drittes Mal, diesmal auf Englisch und mit Händen und Füßen. Wie sich herausstellte, hatte sie uns gar nicht angemeckert, dass wir vielleicht im Weg stehen würden, wie wir zuerst vermutet hatten. Sie wollte uns nur erklären, wo wir noch mehr Tüten für unsere Einkäufe kostenlos bekommen könnten. Da hatten wir ihr aber ganz schön Unrecht getan :/
Wenig später standen wir in der Metrostation vor einem Metroplan und wurden gleich freundlich von einer anderen Frau auf Deutsch! angesprochen, ob sie uns irgendwie helfen könnte. Wir wussten zwar ausnahmsweise mal genau, wo es lang ging, freuten uns aber trotzdem. Als uns nur Minuten später wieder eine Frau ansprach, sah das schon wieder ganz anders aus. Wir waren auf der falschen Seite unserer Metrostation rausgegangen (ich klemm mir mal meinen Kommentar dazu ;p ) und echt froh, dass sie uns den Weg zu unserer Straße zeigen konnte.
Danach stand für uns eindeutig fest, dass wir unsere Meinung über die allgemeine russische Hilfsbereitschaft vielleicht doch noch einmal gründlich überdenken sollten.

Was ich heute gelernt habe: Wie schnell man manchmal voreilige Schlüsse zieht und dass ich mich nicht vom Klang der russischen Sprache abschrecken lassen sollte :)
 

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